Indikationen (Anzeichen)
Wann und warum ist eine osteopathische, physiotherapeutische oder tierheilpraktische Behandlung sinnvoll?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich oft die Frage stellt, wann man einen Tierarzt konsultieren sollte und wann lieber einen Pferdeosteopathen, Pferdephysiotherapeuten oder Tierheilpraktiker. Was sind allgemein Anzeichen (Indikationen)? Dafür möchte ich Ihnen gerne eine Hilfestellung geben.
Akute Erkrankungen
In Fällen von akuten Erkrankungen, ist zwingend sofort ein Tierarzt zu konsultieren. Indikationen für akute Erkrankungen können beispielsweise sein: plötzlich auftretende Lahmheit, angeschwollene und heiße Körperstellen, Fieber, akutes Trauma / Unfälle, Kolikverdacht, Schlundverstopfung, akute Verschlechterung des Allgemeinzustandes, das Pferd frisst nicht mehr, ist apathisch oder panisch, hat akuten Husten und/oder Atemnot. Unter akut versteht man generell alle Erkrankungen, die plötzlich und schnell auftreten und meist, bei entsprechender Behandlung, von kurzer Dauer sind.
Im Rahmen meiner Ausbildungen wurde ich für Notfälle und Erste Hilfe Maßnahmen geschult. Ich kann Druck- und Hufverbände anlegen, eine Wundversorgung vornehmen und kenne Notfallmaßnahmen, mit denen man die Zeit bis zum Eintreffen des Tierarztes überbrücken kann. Oft ist man einfach nur dankbar, jemanden „von Fach“ dabei zu haben, der einen kühlen Kopf bewahrt und einem hilft. Alles Weitere gehört dann jedoch in eine schulmedizinische Versorgung. Ist dies erfolgt, begleite und unterstütze ich die weitere Genesung des Patienten Hand in Hand mit dem Tierarzt, um Folgeerkrankungen und -problemen entgegen zu wirken, eine Medikation schnellstmöglich ausleiten zu können sowie dem Pferd eine möglichst schnelle und gute Regeneration zu ermöglichen.
Chronische Erkrankungen
Was uns Pferdebesitzern jedoch am häufigsten Kopfzerbrechen bereitet sind nicht die akuten, klaren Erkrankungen, sondern einfach nur das „Es stimmt etwas nicht“. Dazu kommen die chronischen Erkrankungen, die entweder als „Zivilisationskrankheiten der Pferde“ zunehmend auftreten wie z.B. Husten, Hufrehe, Kotwasser oder Stoffwechselerkrankungen (EMS, Cushing). Oder auch Erkrankungen, die durch Überbelastung und mit dem Alter Einzug halten wie z.B. Arthrosen. Denn nicht nur wir Menschen werden dank guter medizinischer Versorgung immer älter, sondern auch unsere Vierbeiner! Die Natur hat nicht vorgesehen, dass unsere Pferde ihr 20. Lebensjahr weit überschreiten. Ab dem 19. Lebensjahr gelten Pferde als alt. Gut zu sehen ist dies an den Zähnen. Bis ca. zum 15. Lebensjahr schieben sich die Schneide- und Backenzähne aus den Zahnfächern heraus. Danach ist Schluss und es findet nur noch der Abrieb statt.
Gerade bei der Regeneration nach akuten Erkrankungen und OPs und bei diesen chronischen Erkrankungen können naturheilkundliche und osteopathische Therapieverfahren Ihrem Pferd ein beschwerdefreies und agiles Leben ermöglichen!
Mein 30-jähriges Pony Gipsy ist hierfür das beste Beispiel. Das Cushing erfordert ein schulmedizinisches Monitoring mit medikamentöser Behandlung. Alle weiteren Beeinträchtigungen wie eine leichte Sesamoidose, Arthrosen, Kotwasser, Muskelatrophien, Neigung zu Husten und ein seniles Gebiss können dank tierheilpraktischer sowie regelmäßiger osteopathischer Behandlung so gut gemanagt werden, dass er immer noch wie ein Jungspund über den Paddock fegt!
Hier noch einige klare und häufig vorkommende Indikationen für eine osteopathische und physiotherapeutische Behandlung:
- Nach der Zahnbehandlung – ganz wichtig: das Kiefergelenk ist nicht darauf ausgelegt so weit geöffnet zu werden, wie es durch das Maulgatter für eine Zahnbehandlung erforderlich ist
- Störung des Bewegungsablaufes – „Ticken“, unklare Lahmheit, Steifheit, Stolpern
- Rückenverspannungen, Berührungsempfindlichkeit, Gurtzwang
- Rittigkeitsprobleme, Widersetzlichkeit, mangelnde Lauffreude, Unlust
- Leistungserhaltung und -steigerung
- Früherkennung und Prävention von Erkrankungen
- Wellness und Entspannung
Ganz wichtig ist mir hier der Punkt „Widersetzlichkeit, mangelnde Lauffreude, Unlust“. Pferde sind Lauftiere. Sie bewegen sich gerne und freudig – spielerisch mit Artgenossen. Wenn sie uns als Leittier sehen, wollen sie uns gefallen – auch bei der Arbeit. Sie wollen alles richtig machen. Und dies hoffentlich aus der richtigen Motivation heraus. Natürlich gibt es allein schon rassebedingt Unterschiede im Energielevel der Pferde, aber lassen Sie bei Widersetzlichkeit, mangelnder Lauffreude und Unlust die Frage zu, ob Ihr Pferd nicht will oder nicht kann. In der Regel ist es Letzteres – und die Natur hat für das Fluchttier Pferd nun einmal vorgesehen, dass es Schwächen erst zeigt, wenn es gar nicht mehr anders geht!
In diesem Sinne – lassen Sie Ihr Pferd Pferd sein, beobachten Sie es und lassen Sie ihm alle Zuwendung und Behandlung zukommen, die es verdient, um Sie möglichst lange lauffreudig und gesund im Leben zu begleiten!